„Der Tag mit den Pferden war wunderbar und ganz besonders“, berichtet die 46-jährige Alexandra* von ihrem Ausflug mit Sohn Theo* zum Reiterhof Groß Briesen. Die Krebserkrankung seiner Mutter hinterließ Spuren bei dem Neunjährigen, der gerne klettert und sich einen Hund wünscht. Theo war bei Diagnosestellung sechs Jahre alt. In der kommenden Zeit versuchte Alexandra, so gut wie möglich für ihren Sohn da zu sein. Doch die Jahre waren kräftezehrend und ließen viel zu wenig Zeit für unbeschwerte Momente.
Unbeschwerte Momente für krebsbetroffene Familien
Hier setzt das Projekt Familienzeit an. Unbürokratisch und niedrigschwellig schenkt die Krebsstiftung Berlin Zeit für krankheitsfreie Räume. Die Familienzeit spendet kostenlose Erlebnispakete und damit Zeit zum gemeinsamen Krafttanken. Jedes Paket beinhaltet den Eintritt oder das Entgelt für die Aktivität sowie ein gemeinsames Essen und die Anreisekosten. Voraussetzungen für die Familienzeit ist, dass ein Familienmitglied krebsbetroffen ist und in Berlin lebt. Auch Familien, in denen ein Elternteil kürzlich verstorben ist, können das Projekt in Anspruch nehmen. Finanziert wird die Familienzeit durch Spenden.
Der Pferdehof: Hilfe beim Perspektivwechsel
Für den besonderen Ausflug mit ihrem tierlieben Sohn wählte Alexandra den Hof mit den Islandpferden. Ein Anruf in der Geschäftsstelle der Berliner Krebsgesellschaft genügte, und schon konnte es im Frühsommer 2022 losgehen. „Auf dem Pferdehof waren viele Menschen, die einfach nur reiten wollten“, erzählt Alexandra weiter. „Die Erkrankung war kein Thema. Wir waren mittendrin und konnten uns auf das konzentrieren, was der Lehrer sagte: die Zügel anzulegen und Kontakt zu den großen Islandpferden aufzunehmen. Theo hatte zuerst Angst, auf das riesige Tier zu steigen. Aber er traute sich und durfte als erster reiten. Da oben zu sitzen war ganz schön beeindruckend, auch für mich!“
Wichtige Auszeit
Familientherapeutin Manon Recknagel weiß, wie wichtig Auszeiten wie der Tag auf dem Pferdehof für krebsbetroffene Familien sind. „Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt ist, betrifft das die gesamte Familie. Die gemeinsamen Erlebnisse bilden wichtige Gegengewichte zu den Veränderungen und Beschwerlichkeiten des oft krankheitsbelasteten Alltags.“ Es sind Erlebnisse, die nachwirken. „Manchmal fahren Theo und ich seitdem zum Ponyhof einer Bekannten. Wir treffen uns mit Freunden und die Kinder reiten. Wir übernachten dort und sitzen zusammen am Lagerfeuer. Von unserem gemeinsamen Tag mit den Islandpferden erzählt Theo noch immer. Es ist toll, dass es die Familienzeit gibt.“
*Namen zum Schutz geändert