Warum werden Neuroblastome gegen Chemotherapie resistent?

Das Neuroblastom ist nach den Hirntumoren der häufigste solide Tumor bei Kindern. Bei Säuglingen ist dieser Tumor in der Regel ungefährlich. Tritt der Tumor des Nervensystems hingegen jenseits des Säuglingsalters auf, haben die betroffenen Kinder immer noch sehr schlechte Heilungschancen. Meist liegen bei Diagnosestellung schon Metastasen vor. Nicht zuletzt deshalb bedarf es einer extrem intensiven Behandlung aus Chemotherapie, Knochenmarkstransplantation und gegebenenfalls Immuntherapie um ein Kind überhaupt tumorfrei zu bekommen. Hinzukommt, dass es in vielen Fällen innerhalb kurzer Zeit zu einem Rückfall kommt, die Tumore dann aber meist nicht mehr auf die Chemotherapie ansprechen.

Der Kinderarzt und Krebsforscher PD Dr. Patrick Hundsdörfer von der onkologischen Kinderklinik der Charité beschäftigt sich seit Jahren mit der Erforschung dieser aggressiven Tumore; ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, wie es zur Entwicklung der Resistenzmechanismen kommt. In einem Forschungsprojekt, das von der Berliner Krebsgesellschaft gefördert wurde, ist das Team um Dr. Hundsdörfer nun einen wichtigen Schritt weiter gekommen. Zunächst einmal ist es den Krebsforschern gelungen, ein zellfreies Translationssystem zu entwickeln, dass auf biochemischer Ebene und ohne die üblichen Störfaktoren von Zellkultursystemen die Proteinsynthese in Neuroblastomzellen rekapituliert. Anhand dieses Modells konnte das Team als erste Arbeitsgruppe zeigen, dass das antiapoptotische Protein XIAP bei Neuroblastomen im Überschuss gebildet wird, ohne dass eine vermehrte RNA-Produktion vorliegt. Das ist ein ungewöhnlicher Mechanismus, denn normalerweise ist eine vermehrte Proteinbildung durch erhöhte RNA-Spiegel bedingt. Da XIAP den programmierten Zelltod verhindert, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Überexpression dieses antiapoptotische Proteins wesentlich zur Resistenz gegenüber der Chemotherapie beiträgt. Zudem konnten sie zwei weitere Proteine identifizieren, die eine Rolle bei der Resistenzentwicklung spielen könnten.

Offen ist bislang noch, warum das Protein XIAP vermehrt gebildet wird und welchen Einfluss dabei die beiden Kandidatenfaktoren haben. Dieser Fragestellung gehen Dr. Hundsdörfer und seine Kollegen von der Charité nun in weiteren Experimenten nach. Diese Arbeit ist entscheidend, um eines Tages bessere Therapien entwickeln zu können, etwa in dem man die fraglichen Proteine bzw. Signalwege gezielt hemmt. In anderen Laborexperimenten konnten die Krebsforscher bereits zeigen, dass die medikamentöse Blockade von XIAP die Neuroblastomzellen wieder sensibel für Chemotherapie macht. Ob sich die Tumorzellen dann aber wieder einen Ausweg suchen, werden weitere Experimente zeigen.

Stand: März 2014

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