Welche Bedeutung haben zirkulierende Tumorzellen bei Kopf-Hals-Tumoren?

Ein solider Tumor besteht aus einem Verbund an Tumorzellen. Aus diesem Verbund lösen sich mitunter Zellen ab, die dann in die Lymphknoten oder auch in die Blutbahn gelangen. Dadurch kann es zur Bildung von Metastasen kommen.

Etwa ein Drittel aller Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren tragen diese so genannten zirkulierenden Tumorzellen in sich, selbst dann, wenn der Patient bereits erfolgreich operiert wurde. Welche Bedeutung die wandernden Tumorzellen auf den Krankheitsverlauf dieser Patienten haben und welche therapeutischen Konsequenzen dies möglicherweise nach sich zieht, das erforschen Wissenschaftler vom Translationalen Forschungslabor für Radiobiologie und Radioonkologie an der Charité, Campus Mitte.

Im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten, die von der Berliner Krebsgesellschaft gefördert wurden, haben die Wissenschaftler um PD Dr. Inge Tinhofer-Keilholzein Verfahren entwickelt, mit dem zirkulierende Tumorzellen im Blut sowohl nachgewiesen als auch molekular charakterisiert werden können. Durch die Charakterisierung in unterschiedliche Typen wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob gewisse Rezeptoren auf der Zelloberfläche vorhanden sind, die wiederum eine Angriffsfläche für zielgerichtete Medikamente bieten. Bei dem eigens entwickelten Diagnostik-Verfahren handelt es sich um einen für den Patienten unbelastenden Bluttest, der auf einer so genannten Durchflusszytometrie basiert.

Charité-Ärzte vom Campus Mitte führen diesen Test heute praktisch bei all ihren Patienten mit Tumoren im Mund, Rachen oder Kehlkopfbereich durch, und zwar einmal vor der Therapie und dann zu definierten Zeitpunkten während und nach der Therapie. Dadurch können die Ärzte messen, ob die bösartigen Zellen unter der Therapie verschwinden. Das liefert ihnen einen wichtigen Anhaltspunkt, ob die Therapie mit einem EGFR-Inhibitor oder einem Zytostatikum greift oder die Medikamente eventuell gewechselt werden müssen.

Ziel der Forscher ist es, ähnlich wie beim Mammakarzinom, auch für Kopf-Hals-Tumoren einen Biomarker zu entwickeln, mit dessen Hilfe verlässliche Therapievorhersagen und Prognosen zur Metastasierungswahrscheinlichkeit getroffen werden können. Um herauszufinden, welche Therapie bei welchen Formen der zirkulierenden Tumorzellen am besten wirken, laufen an der Charité bereits zwei klinische Studien, eine davon untersucht speziell die metastasierte Situation. Weitere Forschung wird nötig sein, um eines Tages die Patienten gezielter für bestimmte Therapien auswählen zu können.

 

Stand: Februar 2013

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