Wie gut sind Kliniken auf das Sterben vorbereitet?

Das Krankenhaus ist in Deutschland der Sterbeort Nummer 1. Das bedeutet, mehr als die Hälfte aller Menschen stirbt in einem Krankenhausbett. Aber gelingt es Kliniken der Maximalversorgung auch, den Patienten ein würdevolles Sterben zu ermöglichen? Dieser Frage ist ein Forscherteam um die Psychologinnen Asita Behzadi und Dr. Anja Hermann sowie dem Palliativmediziner Dr. Peter-Thuss-Patience von der Charité Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie in einer Studie nachgegangen. In Interviews wurden Ärzte verschiedener Kliniken aus 13 verschiedenen Fachrichtungen befragt, die an der Behandlung von schweren Erkrankungen beteiligt sind: vor allem Krebs, aber auch andere progredient verlaufende Erkrankungen.

Die Ärzte beschrieben eine enorme Diskrepanz zwischen der Klinikrealität und ihren eigenen Ansprüchen an eine würdevolle Behandlung Schwerstkranker und Sterbender. Denn die Akutperspektive im Krankenhaus kollidiert mit der Behandlung von schwerkranken Patienten, die oft sehr lange im Krankenhaus liegen, sowie sterbenden Menschen. Für die in diesen Situationen so wichtigen Gespräche mit Angehörigen fehlt den Ärzten die Zeit. Insgesamt fühlen sich die Behandler auf den Umgang mit Sterbenden nicht wirklich gut vorbereitet und unterstützt. Es fehlten beispielsweise eine angemessene Einarbeitung, Fall- und Teambesprechungen sowie ein integriertes Angebot psychosozialer Hilfen. In den Interviews wurde auch deutlich, dass Sterbebegleitung vor allem als pflegerische Arbeit verstanden wird, es jedoch hier an der entsprechenden personellen Ausstattung fehlt.

Weiter ermittelten die Forscher eine sehr heterogene Versorgungsqualita?t in verschiedenen Abteilungen. Ob und wie gut es gelingt, palliativmedizinisches Wissen, das vor allem die jungen Assistenzärzte inzwischen aus dem Studium mitbringen, in die Klinken zu integrieren, hängt von der jeweiligen Klinikleitung ab.

Das Fazit der Untersuchung: Strukturelle Unzulänglichkeiten sowie eine Dominanz der Ökonomie im Gesundheitswesen führen dazu, dass eine würdige Sterbebegleitung gegenwärtig vor allem als Einzelleistung der Akteure verstanden werden muss. Eine strukturelle Anerkennung und Unterstützung fehlen jedoch. So ist die Behandlung der schwerkranken und sterbenden Patienten derzeit eine Aufgabe von vielen, die Ärzte irgendwie mit erledigen müssen.

Die Interviews bildeten die Grundlage für den zweiten Teil der von der Berliner Krebsgesellschaft geförderten Studie. Hier formulierte das Forscherteam gemeinsam mit den Ärzten konkrete Empfehlungen für die klinische Praxis. Handlungsbedarf besteht demnach auf der politischen ebenso wie auf der administrativen und strukturellen Ebene. Adressaten sind neben Ärzten und Klinkverwaltern auch die Politik. Im Kern ist die Botschaft: Verbessern sich die Strukturen, dann verbessert sich auch die Behandlung im Krankenhaus.

Stand: Juli 2014

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